Geburt von Pauline am 18.09.2016
„Aber hier, wie überhaupt, kommt es anders, als man glaubt…“
In der Woche vor der Geburt (also zwei Wochen vor dem errechneten Termin) fühle ich mich noch sehr fit. Ich habe einmal leichte Blutungen, wohl das „Zeichnen“, wobei ich kurzzeitig das sichere Gefühl habe, dass es demnächst losgehen wird.
Da dann aber die nächsten Tage doch nichts passiert, mache ich weiter wie bisher: ich fahre noch zweimal ins Freibad – schwimmen tut mir auch in den letzten SSW noch total gut, mache meine Schwangerschaftsyoga-Übungen und erledige nach und nach noch einiges im Haushalt. Am Abend vor der Geburt mache ich noch einen Besuch bei Schwager und Schwägerin. Um 22 Uhr komme ich nach Hause – ohne irgendein Anzeichen zu bemerken, dass es bald losgehen könnte.
Um 23.30 Uhr lege ich mich ins Bett. Der zukünftige Papa R. ist noch wach und sitzt am PC. Im Bett liegend spüre ich dann die ersten Wehen, ein recht unangenehmes Ziehen im Unterleib. Ich beobachte dies eine Weile im Bett liegend und stelle fest, dass das Ziehen gut alle 5 Minuten kommt, aber jeweils nicht lange anhält. Ich hoffe inständig, dass dies nun die berühmten Übungswehen sind, von denen ich bisher noch keine hatte. Vor dem großen Ereignis will ich unbedingt noch schlafen, da ich ganz schön erledigt bin.
An Schlaf ist aber nicht mehr zu denken. Um 0.00 Uhr eröffne ich R., dass es womöglich heute noch los geht. Die Wehen nehmen alsbald ordentlich Fahrt auf. Der 5 Minuten Abstand bleibt, die Intensität der Wehen wird aber sehr schnell sehr viel höher.
Zunächst verkrieche ich mich nochmal ins Bett und will es nicht wahrhaben, dass es tatsächlich heute noch losgehen soll. Das funktioniert leider nicht, bei der nächsten Wehe springe ich regelrecht aus dem Bett – im Liegen ist es kaum auszuhalten. So verbringe ich wahrscheinlich die nächste halbe Stunde. Abwechselnd verkrieche ich mich ins Bett um dann bei der nächsten Wehe wieder wie von der Tarantel gestochen hochzufahren und im Zimmer auf- und abzumarschieren. Ein irgendwie geartetes „Veratmen“ bekomme ich nicht mehr hin und fange dafür mit der Zeit immer lauter an zu stöhnen und zu tönen – was ich mir davor nicht wirklich vorstellen konnte. Zwischendurch hänge ich mich an Türrahmen, was aber keine wirkliche Erleichterung bringt, aber ich weiß sonst nicht wohin mit mir und diesen Wehen. R. packt in der Zwischenzeit schon mal unsere Taschen fürs Geburtshaus ins Auto.
Ich bin ziemlich geschockt von der Heftigkeit der Wehen und komme mir wie das größte Weichei vor – kaum geht’s los halte ich es schon nicht mehr aus. Da mir auch immer im Kopf herumschwirrt, dass es in der Regel einige Stunden dauert, bis man sich überhaupt ins Geburtshaus begibt halte ich noch bis 1.30 Uhr aus. Dann bitte ich R. bei Silke anzurufen.
Silke erkundigt sich nach meinem Befinden und nach den Wehen. Ich kann es nicht einschätzen, ob ich jetzt besonders empfindlich bin oder ob es wirklich schon richtig losgeht. Aber ich habe dann doch so heftige Schmerzen, dass wir Silke bitten bei uns zuhause vorbei zu kommen. Irgendwie bin ich mir sicher, dass es falscher Alarm ist, es noch Stunden dauern wird, aber andererseits halte ich es so auch nicht mehr wirklich aus. Silke sagt, sie könne in einer halben Stunde da sein und empfiehlt mir in der Zwischenzeit ein Bad zu nehmen.
Das Bad fühlt sich gut an, die Wehen werden aber auch nicht wirklich erträglicher. In der Wehenpause kann ich aber immerhin im warmen Wasser gut entspannen.
Um 2.00 Uhr kommt Silke dann vorbei. Sie fragt wie’s mir mit den Wehen geht. Nach wie vor kommen sie ca. alle fünf Minuten und dauern inzwischen fast eine Minute. In der Wanne hört Silke dann als erstes die Herztöne unseres Babys ab – 147-152 – alles in Ordnung. Sie fragt mich ob sie denn mal nach dem Muttermund tasten soll. Ich will dringendst wissen wo wir gerade stehen – war das gerade mal der Anfang oder ist ein gutes Stück schon geschafft? Ich hab riesen Bammel, dass erst 1, 2 cm geschafft sind – aber zu meiner großen Erleichterung ist der Muttermund um 2.20 Uhr schon 8 cm geöffnet.
Silke meint darauf zu R. „Jetzt müssen wir sie schnell anziehen und ins Auto bringen, damit wir es noch ins Geburtshaus schaffen“. In mir sträubt sich alles – der Gedanke jetzt die Wanne zu verlassen und in ein Auto zu steigen ist absolut unvorstellbar. Inzwischen töne/brülle ich jede Wehe filmreif mit – wie soll ich denn im Auto so laut tönen wie ich es gerade muss um die Wehen durchzustehen – wie soll da jemand Auto fahren können? Anziehen, rausgehen, sitzen, anschnallen – alles unvorstellbar - so dass ich Silke und R. sage, dass ich hier bleiben möchte. Ich glaube wenn jemand gesagt hätte das gehe nicht – ich hätte mich schlichtweg geweigert und mit Händen und Füßen gewehrt.
Aber Silke überlegt kurz und meint, das können wir machen. Die Herztöne des Kleinen seien gut, ich würde gut mitarbeiten und sei in guter Verfassung – wir könnten auch hier bleiben und sie würde Anja dazuholen.
Ich war so erleichtert und habe dann auch tatsächlich die Wanne nicht mehr verlassen, bis unsere Tochter auf der Welt war.
In den Wehenpausen liege ich im Wasser und entspanne etwas um bei jeder Wehe wieder hochzufahren und mich hinzuknien. Mit den Armen stütze ich mich auf den Wannenrand und töne was das Zeug hält. Gelegentlich stelle ich dabei auch ein Bein auf. Das nennt man den „Hirtenstand“ wie ich hinterher erfahre und ist dem Voranschreiten der Geburt sehr zuträglich. Zwischendurch kreise ich etwas mit dem Becken, von anderen Gebärpositionen will ich nichts wissen. Auch den mehrmals geäußerten Vorschlag die Wanne nochmals zu verlassen und ins Schlafzimmer ans Bett zu gehen schlage ich aus. Ich will eigentlich von nichts und niemanden etwas wissen und bin nur auf mich und die Wehen konzentriert.
Silke kniet neben mir am Wannenrand, R. sitzt dahinter auf dem Boden und Anja, die um 2.50 Uhr eingetroffen ist sitzt auf einem Stuhl und schreibt das Geburtsprotokoll. Zweimal springe ich in einer Wehenpause noch aus der Wanne und gehe aufs Klo.
Um 3.05 Uhr (laut Protokoll) spüre ich dann einen deutlichen Druck nach unten und fange an mitzuschieben. Die Fruchtblase steht noch – was mich irritiert – wie soll denn etwas vorwärts gehen, wenn die Fruchtblase nicht platzt? Fünf Minuten später platzt sie schließlich und es geht merklich voran. Die Herztöne unseres Babys sind immer so zwischen 120 und 130 bpm, was wohl für diese Phase der Geburt normal ist.
Um 3.20 Uhr (lt. Protokoll) steht die Geburt kurz bevor. Wir lassen nochmals Wasser nach, damit unser Baby komplett unter Wasser geboren werden kann. Ich gehe in die Hocke. Die Presswehen sind inzwischen wesentlich aushaltbarer als die Wehen davor.
Um 3.30 Uhr kann ich das Köpfchen schon mit der Hand ertasten. Das Schieben kann ich ganz gut dosieren, der Pressdrang ist bei mir wohl nicht so überwältigend wie er manchmal beschrieben wird.
Um 3.35 Uhr ist der Kopf in der Wehe sichtbar – also nicht für mich – aber für die drei anderen, die jetzt sehr freudig-gespannt zusehen wie der Kopf geboren wird.
Um 3.38 Uhr ist der Kopf geboren und um 3.39 Uhr das ganze Kind.
Pauline kommt unter Wasser auf die Welt. Silke nimmt sie und reicht sie mir in die Arme. Vielen lieben Dank an Silke und Anja für dieses schöne Geburtserlebnis bei uns zu Hause!
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