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Geburtsbericht

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Geburt von Nellie am 20.08.2016

Wir hatten uns gewünscht, dass unser Baby an diesem Wochenende, kurz nach Vollmond und ein paar Tage vor Termin auf die Welt kommt.
In der Nacht von Freitag auf Samstag bin ich um halb 3 aufgewacht und musste, wie immer während der Schwangerschaft aufs Klo. Anders als sonst ging aber plötzlich viel klarer Schleim mit ab. Ich war überrascht, wusste aber nicht, ob das wirklich ein Anzeichen war. Ein ganz kleines Ziehen konnte ich aber bald spüren und es nahm tatsächlich langsam zu. Als ich eine Regelmäßigkeit erkennen konnte und wusste, dass es Wehen sind, habe ich angefangen unsere Sachen fertig zu richten, geduscht und mich angezogen. Meinem Mann hatte ich gegen 4 auch gesagt, dass es wohl los ginge. Er ist gleich wieder eingeschlafen.
Im Morgengrauen bin ich mit dem Hund spazieren gegangen. Das war richig schön. Die frische Luft hat mir sehr gut getan und der Himmel sah toll aus. Zwischen den Wehen dachte ich immer, ich könnte ewig so weiter laufen. Während der Wehe, war ich mir nicht ganz sicher, ob ichs wieder heim schaffe. Also sind wir schon nach einer viertel Stunde lieber umgekehrt.
Gegen 6 habe ich meinen Mann wieder geweckt und ihm gesagt, dass ich es wirklich ernst meine. Und ich habe Chris angerufen. Zu der Zeit konnte ich während der Wehen schon lange nichts mehr reden, in den Pausen ging es mir aber super und ich wollte gerne noch ein bisschen zu Hause bleiben. Dort habe ich es noch weiter 1,5h ausgehalten, dann wollte ich in anbetracht der halbstündigen Fahrt doch lieber los.
Wir verabredeten uns auf halb 9 im Geburtshaus. Auf der Fahrt hatte ich in jeder Ortschaft eine Wehe während der ich, auf dem Beifahrersitz sitzend, mein Auto ganzschön fest gehalten habe.
Dort angekommen war der Muttermund schon 4cm geöffnet, der Herzschlag des Babys vorbildlich. Gerne nahm ich Chris‘ Angebot an und stieg in die Geburtswanne um die Muskulatur ein bisschen zu entspannen. Das warme Wasser tat wirklich gut, auch wenn ich sonst lieber laufen wollte während der Wehen.
Chris und mein Mann saßen bei mir im Bad. Ich veratmete die Wehen in verschiedenen Positionen wie von Chris vorgeschlagen (kniend, über den Wannenrand gebeugt, stehend, usw.).
Mein Schamgefühl hatte ich spätestens da abgelegt. In einer anderen Lebenslage hätte ich es wahrscheinlich komisch gefunden vor bekleideten Personen in der Badewanne rumzuturnen; jetzt hatte ich andere ‚Sorgen‘.
Nach 1Stunde schlug mir Chris vor noch mal aus der Wanne auszusteigen. Ich streifte mir wieder was über und lief durchs Geburtshaus. Ich erinnere mich, dass ich ein Gummibärchen vom Hebammenschreibtisch gegessen habe. Noch nie hat mir ein Gummibärchen so gut geschmeckt wie in dem Moment. Da konnte die halbe Banane, die ich mir morgens reingwürgt hatte, um nicht mit komplett leerem Magen dazustehen, nicht mithalten.
Mit der neu gewonnen Energie veratmete ich die nächsten Wehen auf dem Pezziball sitzend, auf den Tresen gelehnt und immer wieder im umherlaufen.
Bis hierhin fand ich die Wehen absolut aushaltbar. Die zweite Untersuchung ergab, dass der Muttermund nun 8cm geöffnet war. Ich war sehr zufrieden.
Da der Kopf des Babys nicht ganz gerade ins Becken kam, sollte ich 2 Wehen auf der Seite liegend veratmen. Das war nicht gerade meine Lieblingshaltung, wie ich schnell merkte.
Ich ging immer wieder aufs Klo, seit Kurzem ging dabei auch blutiger Schleim ab.
Insgeheim dachte ich mir „So um 12 ist sie bestimmt da. Spätestens um 1...“.
Das war leider nicht ganz richtig.
Um halb 12 kam Inna, unsere 2. Hebamme im Geburtshaus an, die Wehen waren jetzt ganz schön kräftig. Wir waren wieder im Bad. Ich stand mit meinem Mann vor dem Klo und Fenster, die Wehen lassen mich brüllen. So kenne ich mich nicht. Wieder in der Wanne, spürte ich wie eine Wehe was zutage fördert. Ich sagte zu meinem Mann „Da kam grad was, guck mal was das ist!“. Ich selber konnte ja wegen dem dicken Bauch gar nichts sehen. Es war die vorgewölbte Fruchtblase, noch intakt. Interessant, aber wirklich geschickt war sie mir nicht, wie ich sie da jetzt komisch weich und warm an meinen Oberschenkeln fühlte.
Leider kam ‚der Rest‘ trotz pressen nicht einfach so hinterher und ich stieg um halb 1 wieder aus der Wanne.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Wehen wirklich übel und ich brüllte ganz schön laut, zum Glück hatten wir das Geburtshaus für uns alleine. Ich hätte sonst bestimmt die ganze Kundschaft verjagt.
Um dreiviertel 1 war ich ziemlich fertig, die Wehen waren sehr stark und taten sehr weh. Ich hatte wohl mehrmals geäußert, dass ich nicht mehr kann. Deswegen bot mir Chris an ins Krankenhaus zu verlegen, wo es u.a. auch Schmerzmittel für mich geben würde. Geburtshilflich bestand kein Grund zur Verlegung, auch die Herztöne unseres Mädchens waren die ganze Zeit vorbildlich.
Gerne hätte ich Feierabend gemacht und den Rest der Geburt am nächsten Tag erledigt, ins Krankenhaus wollte ich aber in keinem Fall. Also weiter... Mein Mann macht mir Mut, sagt mir, dass ich das schaffe. Ich hege leise Zweifel. Mein Körper ist gnädig und lässt mir zwischen diesen wahnsinnigen Wehen ziemlich lange Pausen in denen ich einfach nur dahänge und mich freue, dass der Schmerz weg ist.
Am liebsten würde ich alle Wehen in der tiefen Hocke oder im Stehen nutzen, damit die Schwerkraft mir hilft und ich das Baby endlich irgendwie rausbekomme. Chris lässt mich zum Glück nicht, sonst wäre mir mein Beckenboden im Wochenbett wahrscheinlich noch weiter in den Kniekehlen gehangen, wie er es eh schon tat.
Ich hasse die Wehen auf der Seite liegend und zähle rückwärts bis ich wieder aufstehen kann.
Um dreiviertel 2 bezweifle ich, dass das Baby überhaupt durchpasst. Ich komme mit den Presswehen nicht richtig zurecht, habe das Gefühl, dass ich das Baby gar nicht richtig ‚fassen‘ kann, um es vorwärts zu bekommen. Außer blutigem Schleim und Fruchtwasser kommt nichts. Leider mittlerweile auch kein Urin mehr. Chris fragt mich, ob sie meine Blase mit einem Katheter leeren soll, dass diese nicht im Weg ist. Ich stimme zu, mir ist eh schon alles wurscht. Es tut aber dann auch überhaupt nicht weh.
Ich turne weiter und absolviere Wehen im Stehen, mit abwechselnd aufgestellten Beinen, in Rückenlage im Bett und wieder in der tiefen Hocke. Immer kommt nur Fruchtwasser und das Baby lässt mich warten. Wie mir die Hebammen versichern, rutscht sie aber langsam tatsächlich nach unten. Ich kanns kaum glauben und folge dem Vorschlag mal nach dem Köpfchen zu tasten. Schön zu fühlen, dass es tatsächlich da ist, erstaunlich zu fühlen wie weich es ist und erschreckend, dass es immer noch eine ganze Fingerkuppenlänge vom Ausgang entfernt ist.
Gegen dreiviertel 3 kann man in der Wehe schon das Köpfchen sehen, wie ich höre. Und mir wird ein Spiegel platziert, dass ich es auch sehen kann. Mir fällt erst da auf, dass der Kopf zwar in der Wehe zu sehen ist, nach der Wehe aber wieder zurück rutscht. Was für ein Scheiß! Der Geburtskanal kommt mir unendlich lang vor. Dem Baby bestimmt auch.
Was ich im Spiegel sehe, sieht aus wie ein ganz kleiner Kopf. Ich bin positiv überrascht. Hatte ich mir doch während der Schwangerschaft schon Sorgen gemacht, weil mein Mann UND ich mit einem 37er Schädel das Licht der Welt erblickt haben.
Ich sollte aber noch erfahren, dass es nur ein kleiner Ausschnitt vom Kopf war, den ich da gesehen habe.
Nachdem ich schon seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr kann, es wehtut wie die Hölle und ich eigentlich schon vor Stunden fertig sein wollte, werde ich jetzt echt sauer. Das hilft mir tatsächlich noch mal meine letzte Kraft zu mobilisieren und ich presse ein paar Wehen ziemlich effektiv, wieder in der tiefen Hocke. Um halb 4 ist endlich der Kopf geboren und nur eine Wehe später dotzt ein ziemlich großes, verschmiertes und verdutztes kleines Mädchen vor mir auf die Matte.
Ich kanns kaum glauben! Dass wir es endlich geschafft haben, dass es wirklich und wahrhaftig ein echtes Baby ist, was ich da 9 Monate in meinem Bauch versteckt hatte und dass das Alles überhaupt rein- und durchgepasst hat! Verrückt!!
Ich nehme sie sofort hoch und küsse sie. Wir werden gemeinsam ins Bett gehievt, wo Nellie auf meinem Bauch liegend auch gleich pieselt und kackt. Toll wenn alles funktioniert.
10 min später spüre ich die ersten Nachwehen und ich denke mir„So, jetzt nur noch die Plazenta und dann will ich aber heim!“. Leider wurde daraus nichts. Meine Plazenta tut sich mit dem Loslassen so schwer, dass ich nach einigen Versuchen aufgeben muss. Es kam einiges Blut, aber keine Plazenta und mein Kreislauf klappt mir zusammen. Chris bricht nach ca 20min ab und ich muss mit dem Rettungswagen doch noch ins Krankenhaus.
Zu dem Zeitpunkt ist mir aber eh schon alles egal. Die Nachwehen sind so stark wie die Geburtswehen. Ich kanns kaum glauben, waren doch solche irren Wehen wirklich das Allerletzte was mir nach dieser Geburt noch gefehlt hatte. Ich schreie vor Schmerzen im RTW rum und ärgere mich über die gefühlten 20.000 Kanaldeckel durch die wir durchrumpeln. Ich wünsche mir nichts sehnlicher als eine Narkose, damit das endlich aufhört und frage mich, ob ich die nicht schon während der Fahrt bekommen könnte.
Bei der kurzen OP verliere ich leider noch einiges Blut und wache, wie ich später kapiere, auf der Intensivstation auf. Das erklärt auch die tausend Zugänge, Schläuche und Messgeräte die mit mir verbunden sind.
Chris, die mich im RTW begleitet hatte und auch mein Mann mit Nellie dürfen zu mir und ich kann Nellie endlich das erste Mal anlegen. Sie trinkt gleich super und ich bin froh.
Leider darf auf der Intensivstation keiner bei mir bleiben. Nicht mal mein Baby. Das ist wirklich furchtbar für mich. Nachdem aber Chris uns vorschlägt, dass Nellie mit Kai die Nacht zu Hause verbringen kann und nicht in der Kinderklinik aufgenommen werden muss, wenn wir das nicht wollen, bin ich erleichtert. Sie klärt das für uns ab und somit können wenigstens 2/3 unserer kleinen Familie nach Hause.
Ich verbringe die Nacht ziemlich schlaflos mit meinen Messgeräten und sehr fürsorglichen Nachtschwestern im Krankenhaus und fühle mich am nächsten Morgen wie neu.
Natürlich kann ich es kaum erwarten, bis die Visite durch ist und mir endlich einer die Kabel wegmacht. Um 9 kommen mein Mann und Nellie wieder zu mir. Sie haben die erste Nacht zu Hause gut rumgebracht. Nellie hat schön geschlafen, mein Mann vor Aufregung nicht. Chris war für Ihn in der Nacht die Ansprechperson und er hat dann auch um 4 Uhr bei ihr angerufen, weil er dann doch eine Frage hatte. ;)
Ich werde auf eigenen Wunsch entlassen und noch mit dem Rollstuhl bis zur Pforte gefahren, dann fahren wir endlich alle 3 nach Hause. Ich bin sehr glücklich.
Rückblickend kann ich sagen, dass es ganz anders kam als ich dachte, dass es unglaublich weh getan hat, dass es anstrengender war als ich mir in meinen kühnste Träumen hätte ausmalen können, dass ich mich aber zu jeder Zeit super aufgehoben gefühlt habe und mir mein Mann und die beiden Hebammen eine riesige Hilfe waren und dass es sich trotz Allem gelohnt hat. Für unser kleines Mädchen würd ichs glatt noch mal machen!

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