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Geburtsbericht

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Hausgeburt von Marna am 10.1.2014

Nachdem klar ist, dass das Geburtshaus in Tübingen am errechneten Geburtstermin von Marna noch nicht eröffnet sein wird, scheint mir eine Hausgeburt mehr und mehr Sinn zu machen. Denn was ich mir aus tiefstem Herzen wünsche, ist unsere Tochter unabhängig von den Erfahrungen bei meiner eigenen Geburt zur Welt zu bringen und so auch in diesem Sinne die Geburt ganz „selbst gestalten“ zu können.

Ich bin damals per Kaiserschnitt auf die Welt geholt worden und danach im Brutkasten gewesen. Während meiner Schwangerschaft habe ich mich deshalb extra im Rahmen einer Familienaufstellung mit den Erfahrungen im Mutterleib und bei der Geburt auseinandergesetzt, die sich von meiner Großmutter über meine Mutter bis zu mir fortgesetzt haben. Denn wenn irgendwie möglich wollte ich verhindern, dass sich diese Erfahrungen in irgendeiner Form bei der Geburt von Marna wiederholen.

Als einer Hausgeburt schließlich nichts mehr im Wege steht, bin ich deshalb sehr froh. Jetzt kann ich mich in Ruhe auf meine eigene Art darauf vorbereiten. Ich male ein Bild mit den Krafttieren, die für die Qualitäten stehen, die ich bei der Geburt besonders brauchen werde – und die ich in mir wachrufen will.

Frühmorgens am errechneten Geburtstermin zieht sich meine Gebärmutter zum ersten Mal so zusammen, dass ich es im Rücken spüre. Doch die Kontraktionen legen sich wieder. Tagsüber gehe ich in den Wald zum alten Steinbruch, in dem ich mich wie im Erdmutter-Bauch fühle. Das Wetter hat umgeschlagen und ein stürmischer Wind weht wie ein Vorbote von großen Veränderungen um den Platz.

Abends um neun kehren die Kontraktionen wieder zurück. Irgendwann sehe ich ein, dass ich heute nicht mehr schlafen werde, und fange an die Kerzen anzuzünden. Doch erst als der erste blutige Schleim auftaucht, begreife ich wirklich, dass ich schon mitten im Geburtsgeschehen bin. Um 3:21 Uhr ruft Reto bei Chris an, um 3:45 Uhr trifft sie bei uns ein.

Als die Wehen immer stärker werden, bin ich damit konfrontiert, dass ich die Atemtechnik, die ich geübt habe, im Ernstfall nicht durchhalten kann. Wenn Geburt ein Prozess des Loslassens ist, dann fängt er bei mir damit an, Erwartungen an mich oder Vorstellungen vom Ablauf des Geburtsgeschehens loszulassen. Was mir stattdessen hilft, ist den Schmerz in Töne umzusetzen. Und anscheinend atme ich, wie Chris meint, auch durch das Tönen genau richtig.

Der Schmerz wird immer stärker und ich fange an, bei jeder Wehe statt unbestimmter Töne den Namen von meinem ersten Krafttier, einer Elchkuh, zu rufen. Ich bin froh über alle Vorschläge von Chris, die genau weiß, was zu tun ist, um den Geburtsprozess voranzubringen oder mir zu mehr Entspannung in den Wehenpausen zu verhelfen. Ich bin froh darüber, dass Chris weiß, was ich denke – dass sie mich fragt, ob ich daran zweifle, es zu schaffen. Ich bin froh, es mir eingestehen zu können und gleichzeitig darin bestärkt zu werden, dass ich alles richtig mache und dass ich schon so viel geschafft habe in den drei Stunden, seit sie bei uns eingetroffen ist. Ich bin froh über Reto, der mich die ganze Zeit hält, den ich nicht loslassen will – und der es auch erduldet, dass ich ihn zweimal im Schmerz beiße.

Gegen sechs Uhr morgen fangen die Presswehen an. Ich werde immer lauter. Chris weiß, dass es nicht mehr der Schmerz der Öffnungsphase ist, sondern die Kraft des Geburtsvorgangs, die mich schüttelt. Ich spüre, dass Marna sich abstößt. Ich schreie und stampfe auf den Boden. Da ist einerseits ungeheure Kraft – und gleichzeitig bin ich klein und hilflos dem Ansturm der Presswehen ausgeliefert. Mitten im größten Sturm ist dann plötzlich eine Stimme in mir, die sagt, „das macht Spaß“. Vielleicht macht das das Adrenalin. Oder es ist die Erkenntnis: „ich bin am Ziel angekommen“. Ich bin kurz davor meine Tochter auf die Weise auf die Welt zu bringen, die ich mir sehnlichst gewünscht habe.

Um 7:45 Uhr sitze ich in tiefer Hocke, fast wie in der Froschposition. Neben der Elchkuh ist eine Fröschin das zweite der Krafttiere, die mich mit Qualitäten in Verbindung bringen, von denen ich dachte, dass ich sie für die Geburt brauchen werde. Als Marnas Kopf sich dem Ausgang des Geburtskanals nähert, lässt Chris mich ihn mit der Hand ertasten. Er ist glitschig wie ein Frosch. Um 7:58 Uhr streckt der kleine Frosch seinen Kopf in die Welt hinaus und beginnt sofort zu schreien. Um 7:59 Uhr halte ich unsere Tochter in den Händen und dann liegt sie auf meinem Bauch, unter einer Decke und einem warmen Kirschkernkissen.

„Es war eine wunderschöne und behütete Geburt“ schreibt Chris in ihrem Geburtsbericht. Ich bin glücklich, erschöpft und überwältigt von dieser gewaltigen Erfahrung – und unendlich dankbar dafür, dass Chris mir als Hebamme ermöglicht hat, das alles in diesem geschützten Rahmen zu erleben.

“100% Muttersaft" steht auf dem Holundersaft, den ich nach der Geburt, vermischt mit einem Stück pürierter Plazenta, trinke – weil es mich überzeugt hat, dass durch die Hormone in der Plazenta die Hormonumstellung nach der Geburt reibungsloser und ohne Stimmungstiefs verlaufen kann. 100% Muttersaft – also bin ich wohl wirklich Mutter geworden. Und auch Reto sieht irgendwie anders aus. Wie ein Vater.

In der Nacht darauf träumt eine Freundin von mir, ich sei zu ihr gekommen und hätte ihr gesagt, es sei alles gut gegangen – das Kind sei jetzt da.

Solveig

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